Eine erste Annäherung an das Thema Gleichstellung

Als ich eine Maturaarbeit über die Geschlechterquoten in Politik und Verwaltungsräten schreiben musste, habe ich mich zum ersten Mal näher mit den Themen Gleichstellung der Geschlechter und Frauenbefreiungsbewegung auseinandergesetzt und war zunächst etwas erschrocken.

Denn schon nach den ersten Recherchen wird einem bewusst, dass eine tatsächliche Gleichstellung – auch nach der engagierten Frauenbewegung im 20. Jahrhundert, die sich positiv auf die Rolle der Frauen ausgewirkt und in der westlichen Welt auf sozialer und wirtschaftlicher Ebene für mehr Rechte der Frauen und Fortschritte bei der Geschlechtergleichstellung gesorgt hat – noch nicht hergestellt ist und es schwierig scheint, die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zu beseitigen. Darüber hinaus wird einem schnell klar, dass die Frauen allgemein unterrepräsentiert sind: nicht nur in den Parlamenten und Versammlungen, in den Organen der Exekutive, innerhalb von Parteien, in den Verwaltungsräten von Unternehmen, in der öffentlichen Verwaltung, im Finanzbereich sowie in den Gerichtshöfen und Gerichten, sondern auch in den Bereichen Sport, Medien, Wissenschaft, Forschung und Bildung. Ausserdem zeigen die Indikatoren zur Gleichstellung von Frauen und Männern und zur Diskriminierung der Frau (Gender Equality Index, Global Gender Gap Index, Glass-ceiling Index, …), dass viele Länder noch weit von einer Gleichstellung der Geschlechter entfernt sind und auf den jeweiligen Arbeitsmärkten noch eine starke vertikale und horizontale Geschlechtersegregation herrscht. Ein Beispiel hierfür: die Schweiz.

Tatsächlich sind in der Schweiz die Geschlechterstereotypen tief in der Gesellschaft verwurzelt und verankert und damit schwer zu beseitigen – ein wesentlicher Faktor im Hinblick auf die Geschlechterdiskriminierung. Wie Professorin Paola Profeta richtig anmerkt: «Die Geschlechterkultur zeigt, wie die Rollen von Frauen und Männern in der Gesellschaft gesehen werden, ihre Verantwortlichkeiten innerhalb der Familie und ihre Positionen auf dem Arbeitsmarkt»[1].

Man muss allerdings auch nicht lange suchen, um neben diesen harten Fakten auch Veröffentlichungen von zahllosen Verbänden auf der ganzen Welt zu finden, die sich engagiert für das Erreichen der Gleichstellung der Geschlechter im Allgemeinen und für die Emanzipation aller Frauen und Mädchen einsetzen. Beispielsweise der Verein CH2021: Die Feier zum fünfzigsten Jahrestag des Frauenstimmrechts in der Schweiz bietet den perfekten Anlass, um über all die Veränderungen nachzudenken, die die Abstimmung zum Frauenstimmrecht im Jahr 1971 mit sich gebracht hat – über das, was sich bereits geändert hat und das, was sich noch ändern muss, um eine tatsächliche Gleichstellung in der Politik, der Wissenschaft, der Kultur und in der Gesellschaft herzustellen.

Die Themen Chancengleichheit und Geschlechtergleichstellung erreichen nun endlich die verdiente Sichtbarkeit: Die Aufnahme der Gleichstellung der Geschlechter als eigenständiges Ziel der Agenda 2030, die weltweit von allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zu realisieren ist, ist ein Beweis dafür. Der Kampf gegen Geschlechterdiskriminierung ist folglich zu einer globalen Herausforderung geworden, da diese eines der grössten Hindernisse auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung und zu wirtschaftlichem Wachstum darstellt und jedes Land dieser Erde dazu aufgefordert wird, seinen Beitrag zum Erreichen einer Gleichstellung zu leisten, von denen die Gesellschaft und die gesamte Menschheit profitiert.

Die jungen Menschen sind das wichtigste Instrument, um dieses grosse Ziel zu erreichen, und ich setze mein ganzes Vertrauen in meine Altersgenossinnen und Altersgenossen und in alle nachfolgenden Generationen, denn ich bin absolut sicher, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein erreichbares Ziel ist.

Edoardo Aostalli, Kantonales Gymasium Mendrisio, 3. Klasse

[1] P. Profeta, Parità di genere e politiche pubbliche. Misurare il progresso in Europa, Milano 2021