„Das bisschen Haushalt …“ zum Zweiten

Esther Gisler Fischer Pfarrerin / lic. sc. rel.

„Das bisschen Haushalt macht sich von allein“ sagt mein Mann
„Das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein“ sagt mein Mann
„Wie eine Frau sich überhaupt beklagen kann, ist unbegreiflich“ sagt mein Mann.“

Mit diesem Lied schaffte es die Hamburger Schlagersängerin Johanna von Koczian im Jahre 1977 in die deutsche Hitparade. Mehr als 40 lange Jahre sind das her und nach wie vor wird tagtäglich geputzt, gekocht, Kinder und alte Menschen versorgt etc. etc. Dabei wird diese Art von Arbeit meist unbezahlt geleistet, meist in Privathaushalten und nach wie vor mehrheitlich von Frauen. Seit 1997 erhebt in unserem Land das Bundesamt für Statistik im sogenannten «Satellitenkonto Haushaltsproduktion» die entsprechenden Zahlen für die Schweiz. Am 11. Dezember 2017 wurden die neusten Daten publiziert:

„9,2 Milliarden Stunden sind im Jahr 2016 in der Schweiz unbezahlt gearbeitet worden. Das ist mehr als für bezahlte Arbeit aufgewendet wurde (7,9 Milliarden Stunden). Die gesamte im Jahr 2016 geleistete unbezahlte Arbeit wird auf einen Geldwert von 408 Milliarden Franken geschätzt… Die Frauen übernehmen 61,3% des unbezahlten Arbeitsvolumens, die Männer 61,6% des bezahlten Arbeitsvolumens… Die Hausarbeiten (ohne Betreuungsaufgaben) machen mit 7,1 Milliarden Stunden gut drei Viertel des Gesamtvolumens an unbezahlter Arbeit aus (77%). Die Betreuungsaufgaben für Kinder und Erwachsene im eigenen Haushalt lassen sich mit 1,5 Milliarden Stunden pro Jahr beziffern (16% des Gesamtvolumens) …“

Wo stehen wir heute im Jubiläumsjahr von 50 Jahren Frauenstimm- und -wahlrecht? Wie können Frauen Erwerbs- und Care-Arbeit befriedigend unter den sprichwörtlichen Hut bringen?Wie kann die unbezahlte Arbeit angemessen anerkannt werden? Sind wir inzwischen gar einer Wirtschaft, die nicht mehr das Geld, sondern die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ins Zentrum stellt, näher gerückt? Wie muss Wirtschaft neu gedacht werden, wenn offensichtlich in der Praxis etwas anderes als Geld im Zentrum steht? Wie haben die Politik, die Medien, die Wissenschaft, die Kirchen das Datenmaterial in diesem Sinne genutzt? Wie sieht die care-zentrierte Wirtschaft der Zukunft aus?

Diesen Fragen geht dieser Jahr die „7. Schweizer Frauensynode“ nach. Sie findet in der Corona-Variante dieses Jahr zum Thema ‚Wirtschaft ist Care‘ dezentral statt. Die erste Schweizer Frauensynode trug übrigens dazu bei, dass die unbezahlte Arbeit überhaupt statistisch erfasst wird: Mehr als tausend Frauen diskutierten am 6. Mai 1995 in der St. Galler OLMA-Halle zum Thema „Frauenarbeit zwischen Chrampf und Befreiung“. Sie unterstützten die entscheidende Motion 94.33-09 von Nationalrätin Christine Goll. Die Frauensynode wie auch die einschlägigen parlamentarischen Vorstösse stehen in der Tradition der feministischen Hausarbeitsdebatte der 1970er und 1980er Jahre. Fragen rund um Care-Arbeit, ausserhäusliche Kinderbetreuung und was sie kosten darf, sowie Care-Migrantinnen nahmen im Vorfeld, während und im Nachgang zum zweiten schweizerischen Frauenstreik vom 14. Juni  2019 wieder Fahrt auf.

Die Frauensynode2021 möchte zu diesem Perspektiven- und Paradigmawechsel beitragen: Weg vom Kreisen ums Geld hin zum Kerngeschäft der Wirtschaft, der Befriedigung von grundlegenden menschlichen Bedürfnissen und zwar für möglichst alle Menschen in unserem Land wie auf diesem unserem so schönen und verletzlichen Planeten.

Und zwischendurch putze und koche ich. Denn: „Das bisschen Haushalt …!

Links zum Thema:

Lied von Johanna von Koczian:
https://www.youtube.com/watch?v=NoZ050vCa8c

Satellitenkonto Haushaltproduktion:
https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/unbezahlte-arbeit/satellitenkonto-haushaltsproduktion.html

Zur Frauensynode:
https://www.frauensynode2021.ch/