#NCCRWomen-Kampagne

Welche Rolle spielen Frauen in der wissenschaftlichen Forschung in der Schweiz? Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Stimm- und Wahlrechts für Frauen in der Schweiz haben sich die Nationalen Forschungsschwerpunkte für eine Videokampagne zusammengeschlossen, um die Bedeutung der Frauen in der Schweizer Forschungslandschaft hervorzuheben.  

Ein Nationaler Forschungsschwerpunkt, kurz NFS, ist ein Förderungsinstrument des Schweizerischen Nationalfonds zum Aufbau eines Forschungsnetzwerks aus in der Schweiz ansässigen Wissenschaftlern, die gemeinsam an der Lösung eines Problems oder einer Fragestellung arbeiten. Derzeit befassen sich 22 NFS mit fast allen erdenklichen Themen: von der Quantenphysik oder dem Einsatz von Robotern für eine nachhaltigere Architektur bis hin zu den physiologischen Ursachen von psychischen Erkrankungen oder der Entstehung und Evolution von Planeten. Vor 50 Jahren stellten Frauen in der Forschung eine sehr kleine Minderheit dar: Nur 1% der Frauen hatten in der Schweiz überhaupt einen Hochschulabschluss (Ein Portrait der Schweiz: Ergebnisse aus den Volkszählungen 2010-2014). Auch heute noch ist die Geschlechterparität vor allem in den technischen und ingenieurwissenschaftlichen Fächern bei weitem nicht erreicht, und der Anteil der Wissenschaftlerinnen sinkt, je höher man in der Hierarchie aufsteigt. Die Situation hat sich jedoch in den letzten Jahrzehnten stark verbessert, und heute spielen Frauen in der Schweiz in allen Forschungsbereichen eine zentrale Rolle.

Die Schweizer NFS wollen der Öffentlichkeit zeigen, dass Forscherinnen in allen Bereichen der Wissenschaft aktiv und unverzichtbar sind. Frauen sind Mathematikerinnen, Chemikerinnen, Ingenieurinnen, Biologinnen, Ärztinnen, Soziologinnen, Architektinnen, Linguistinnen, Astronominnen… Wir wollen junge Mädchen und Frauen für eine Karriere in der Forschung begeistern, indem wir ihnen zeigen, wie der Alltag einer Wissenschaftlerin aussieht und indem wir unsere Leidenschaft für die Forschung mit ihnen teilen.

Vom 8. März, dem Internationalen Frauentag, bis zum 31. Oktober 2021, auf den Tag genau 50 Jahre nach dem ersten Bundeswahlrecht, an dem Frauen teilnehmen durften, wird jeder NFS eine Reihe von Videos ausstrahlen, die die Arbeit einiger seiner inspirierenden Wissenschaftlerinnen vorstellen.

Die Videos sind auf Französisch, Deutsch und Englisch untertitelt und auf YouTube und Instagram verfügbar:

Videos auf Englisch / Videos auf Französisch

Ich bin wirklich fasziniert von der Welt der Quantenphysik. Sie fühlt sich so weit weg von unserer Realität an, und doch ist sie ihr Stoff.“ Chiara Decaroli

Habt keine Angst, neue Dinge auszuprobieren und euch selbst herauszufordern. Es öffnet neue Türen und Möglichkeiten.“ Mahsa Rahimi-Siegrist

Als ich in einer kleinen Stadt in Kentucky aufwuchs, hätte ich mir nie vorstellen können, Wissenschaftlerin zu werden. Aber ich habe es von Anfang an geliebt, in einem Labor zu arbeiten.“ Alyson Hockenberry

Für mich läuft es auf die Neugierde hinaus. Eine Frage führt zur nächsten. Zu versuchen, sie zu beantworten, ist herausfordernd, macht aber viel Spass.“ Inés Ariza:

„Das bisschen Haushalt …“ zum Zweiten

Esther Gisler Fischer Pfarrerin / lic. sc. rel.

„Das bisschen Haushalt macht sich von allein“ sagt mein Mann
„Das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein“ sagt mein Mann
„Wie eine Frau sich überhaupt beklagen kann, ist unbegreiflich“ sagt mein Mann.“

Mit diesem Lied schaffte es die Hamburger Schlagersängerin Johanna von Koczian im Jahre 1977 in die deutsche Hitparade. Mehr als 40 lange Jahre sind das her und nach wie vor wird tagtäglich geputzt, gekocht, Kinder und alte Menschen versorgt etc. etc. Dabei wird diese Art von Arbeit meist unbezahlt geleistet, meist in Privathaushalten und nach wie vor mehrheitlich von Frauen. Seit 1997 erhebt in unserem Land das Bundesamt für Statistik im sogenannten «Satellitenkonto Haushaltsproduktion» die entsprechenden Zahlen für die Schweiz. Am 11. Dezember 2017 wurden die neusten Daten publiziert:

„9,2 Milliarden Stunden sind im Jahr 2016 in der Schweiz unbezahlt gearbeitet worden. Das ist mehr als für bezahlte Arbeit aufgewendet wurde (7,9 Milliarden Stunden). Die gesamte im Jahr 2016 geleistete unbezahlte Arbeit wird auf einen Geldwert von 408 Milliarden Franken geschätzt… Die Frauen übernehmen 61,3% des unbezahlten Arbeitsvolumens, die Männer 61,6% des bezahlten Arbeitsvolumens… Die Hausarbeiten (ohne Betreuungsaufgaben) machen mit 7,1 Milliarden Stunden gut drei Viertel des Gesamtvolumens an unbezahlter Arbeit aus (77%). Die Betreuungsaufgaben für Kinder und Erwachsene im eigenen Haushalt lassen sich mit 1,5 Milliarden Stunden pro Jahr beziffern (16% des Gesamtvolumens) …“

Wo stehen wir heute im Jubiläumsjahr von 50 Jahren Frauenstimm- und -wahlrecht? Wie können Frauen Erwerbs- und Care-Arbeit befriedigend unter den sprichwörtlichen Hut bringen?Wie kann die unbezahlte Arbeit angemessen anerkannt werden? Sind wir inzwischen gar einer Wirtschaft, die nicht mehr das Geld, sondern die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ins Zentrum stellt, näher gerückt? Wie muss Wirtschaft neu gedacht werden, wenn offensichtlich in der Praxis etwas anderes als Geld im Zentrum steht? Wie haben die Politik, die Medien, die Wissenschaft, die Kirchen das Datenmaterial in diesem Sinne genutzt? Wie sieht die care-zentrierte Wirtschaft der Zukunft aus?

Diesen Fragen geht dieser Jahr die „7. Schweizer Frauensynode“ nach. Sie findet in der Corona-Variante dieses Jahr zum Thema ‚Wirtschaft ist Care‘ dezentral statt. Die erste Schweizer Frauensynode trug übrigens dazu bei, dass die unbezahlte Arbeit überhaupt statistisch erfasst wird: Mehr als tausend Frauen diskutierten am 6. Mai 1995 in der St. Galler OLMA-Halle zum Thema „Frauenarbeit zwischen Chrampf und Befreiung“. Sie unterstützten die entscheidende Motion 94.33-09 von Nationalrätin Christine Goll. Die Frauensynode wie auch die einschlägigen parlamentarischen Vorstösse stehen in der Tradition der feministischen Hausarbeitsdebatte der 1970er und 1980er Jahre. Fragen rund um Care-Arbeit, ausserhäusliche Kinderbetreuung und was sie kosten darf, sowie Care-Migrantinnen nahmen im Vorfeld, während und im Nachgang zum zweiten schweizerischen Frauenstreik vom 14. Juni  2019 wieder Fahrt auf.

Die Frauensynode2021 möchte zu diesem Perspektiven- und Paradigmawechsel beitragen: Weg vom Kreisen ums Geld hin zum Kerngeschäft der Wirtschaft, der Befriedigung von grundlegenden menschlichen Bedürfnissen und zwar für möglichst alle Menschen in unserem Land wie auf diesem unserem so schönen und verletzlichen Planeten.

Und zwischendurch putze und koche ich. Denn: „Das bisschen Haushalt …!

Links zum Thema:

Lied von Johanna von Koczian:
https://www.youtube.com/watch?v=NoZ050vCa8c

Satellitenkonto Haushaltproduktion:
https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/unbezahlte-arbeit/satellitenkonto-haushaltsproduktion.html

Zur Frauensynode:
https://www.frauensynode2021.ch/

Frauenstreik 14. Juni 2021

Demokratie: Dampf machen

Liebe Leser*innen
Der 14. Juni ist für unsere Demokratie ein wichtiges Datum. 1981 haben die Schweizerinnen und Schweizer dem Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Gleiche Rechte für Mann und Frau» zugestimmt und diesen Grundsatz in die Verfassung aufgenommen. Pikantes Detail: Hätten die Männer allein abgestimmt, wäre der Grundsatz abgelehnt worden.
Es waren also mehrheitlich die Frauen, die auf die gleichen Rechte pochten. Seither wird immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass den gleichen Rechten auch die tatsächliche Gleichstellung im gelebten Leben folgen müsse. Damit tut sich unsere Gesellschaft nach wie vor schwer.

«Viele Frauen (und Männer) sind noch unzufrieden mit der Umsetzung dieses Demokratieaspektes. Sie sind auch bereit, das in der Öffentlichkeit zu zeigen, die Diskussion dazu zu führen.» Zita Küng
Wenn wir die Programmpunkte am 14. Juni 2021 schweizweit anschauen, dann ist klar: Viele Frauen (und Männer) sind noch unzufrieden mit der Umsetzung dieses Demokratieaspektes. Sie sind auch bereit, das in der Öffentlichkeit zu zeigen, die Diskussion dazu zu führen. Das ist nötig. Unsere Verfassung ist eben nicht «toter Buchstabe», sondern ein Recht!
Warum hat der Vorstand des Vereins CH2021 ein Manifest zum 7. Februar 2021 verfasst? Weil einerseits Bewusstsein geschaffen werden soll, dass selbst das Stimm- und Wahlrecht für die Schweizerinnen nicht automatisch über uns kam, sondern von Generationen von Frauen (und Männern) erkämpft werden musste. Andererseits weil den Leuten von heute auch deutlich werden soll, wie unwürdig und verachtend es für die Frauen vor 1971 war, dass ihnen dieses fundamentale Recht vorenthalten wurde.Im dritten Punkt fordert das Manifest: «Blick nach vorn: Call for Action! «Dampf machen». Wir fordern den Bundesrat auf, in der nächsten Session einen Tag des Erkennens und Anerkennens des Unrechts und der Konsequenzen der Verweigerung des Frauenstimmrechts anzusetzen. Ziel ist es, aus den identifizierten Defiziten einen zeitlich verbindlichen Aktionsplan zur Verwirklichung der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung zu verfassen. Das gewonnene Wissen und Verständnis sollen dazu führen, dass sich die vereinigte Bundesversammlung, die Regierung, aber auch die Öffentlichkeit, besonders die Stimmbürger und Stimmbürgerinnen, ihrer kollektiven Verantwortung für die Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse bewusst werden, um Diskriminierung zu überwinden – in jeglicher Form.»Die Verantwortlichen und das gesamte Volk sind aufgerufen, diese Anliegen ernst zu nehmen.
Wir wünschen deshalb allen aktiven Frauen und Männern am 14. Juni 2021 viel Erfolg!Zita Küng, Präsidentin Verein CH2021